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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 19.06.2002
Aktenzeichen: 10 W 3/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1835a Abs. 4
Zur Berechnung der Ausschlussfrist des § 1835 a Abs. 4 BGB.
10 W 3/02

Beschluss

In der Betreuungssache

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige weitere Beschwerde des ####### gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 28. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richterin am Oberlandesgericht ####### am 19. Juni 2002 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:

Die sofortige Beschwerde des Betreuers wird zurückgewiesen.

Das weitere Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 253,09 €.

Gründe:

Durch Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 27. Oktober 1992 ist Rechtsanwalt ####### zum Betreuer der Betroffenen bestellt worden. Mit Schriftsatz vom 24. September 2001 hat dieser für die Zeit vom 1. Januar bis einschließlich 31. Dezember 2000 den pauschalen Aufwendungsersatz nach § 1835 a BGB geltend gemacht. Das Amtsgericht hat diesen Antrag durch Beschluss vom 12. November 2001 unter Hinweis auf § 1835 a Abs. 4 BGB zurückgewiesen; der Anspruch sei erloschen, weil er nicht bis zum 31. März des Jahres 2001 geltend gemacht worden sei. Das Landgericht hat auf die sofortige Beschwerde des Betreuers hin diesen Beschluss teilweise geändert und dem Betreuer für die Zeit vom 1. Januar bis zum 27. Oktober 2000, dem Jahrestag der Bestellung, eine anteilige pauschale Aufwandsentschädigung zugesprochen. Hinsichtlich des Zeitraums vom 28. Oktober bis 31. Dezember 2000 hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen, weil für diesen Zeitraum die Aufwandsentschädigung noch nicht geltend gemacht werden könne.

Die nach § 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG zugelassene sofortige weitere Beschwerde des ####### hat Erfolg.

Nach der durch das Betreuungsänderungsgesetz (BtÄndG) vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1580) neu gefassten Regelung des § 1835 a BGB, in Kraft getreten zum 1. Januar 1999, kann der Betreuer seine Aufwendungen als Pauschale geltend machen (in Verbindung mit § 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Aufwandsentschädigung ist jährlich zu zahlen, erstmals ein Jahr nach der Bestellung des Betreuers (§ 1835 a Abs. 2 BGB). Der Anspruch entsteht daher jeweils mit Ablauf eines vollen Betreuungsjahres. Folglich kann der Beschwerdeführer die pauschale Aufwandsentschädigung jeweils ab dem 28. Oktober eines Jahres für das vorangegangene Jahr, in dem er die Betreuung geführt hat, geltend machen.

Nach § 1835 a Abs. 4 BGB erlischt dieser Anspruch, wenn er nicht binnen drei Monaten nach Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entsteht, geltend gemacht wird.

Das Landgericht hat die Ansicht vertreten, dass § 1835 a Abs. 4 BGB ebenso wie § 1835 a Abs. 2 BGB an das Betreuungsjahr anknüpfe und die Ausschlussfrist des § 1835 a Abs. 4 BGB erst mit dem Ablauf desjenigen Betreuungsjahres beginne, in dem der Anspruch bestehe. Dadurch werde sichergestellt, dass in allen Betreuungsfällen eine gleich lange Frist laufe, und überdies ein gewisser Gleichklang mit der Frist des § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB erreicht (im Ergebnis ebenso Palandt/ Diederichsen, BGB, ab 60. Aufl., § 1835 a Rn. 6). Der Beschwerdeführer habe den Anspruch auf die Pauschale für die Zeit vom 28. Oktober 1999 bis zum 27. Oktober 2000 deshalb bis zum 27. Januar 2002 geltend machen können.

Diese Ansicht steht im Widerspruch zu der ganz überwiegenden Meinung im Schrifttum (Münchner Kommentar/Wagenitz, 4. Aufl., § 1835 a Rn. 11; Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 1835 a Rn. 10; Staudinger/Engler, BGB, 13. Bearb., § 1835 a Rn. 21; Palandt/Diederichsen, BGB, 59. Aufl., § 1835 a Rn. 6; Gregersen/Deinert, Die Vergütung des Betreuers, 1. Aufl., 1999, Seite 68; Jürgens, Betreuungsrecht, 2. Aufl. 2001, Rn. 5 zu § 1835 a; Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl. 1999, Rn. 126; Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl. 2001, § 1835 a Rn. 10). Der Senat schließt sich dieser herrschenden Meinung an (ebenso die Rechtsprechung der 15. und 66. Zivilkammer des Landgerichts Hannover - 15 T 1151/01 und 66 T 2048/01 -).

Während § 1835 a Abs. 2 (i.V. mit § 1908 i Abs. 1 Satz 1) BGB für die Entstehung des Anspruchs auf Aufwandsentschädigung an den genauen Zeitpunkt der Bestellung des Betreuers anknüpft, beginnt die in § 1835 a Abs. 4 BGB geregelte Ausschlussfrist mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entsteht. Bereits der Wortlaut des Gesetzes spricht dafür, dass mit dem Ablauf des Jahres - wie bei anderen Ausschluss- und bei Verjährungsfristen auch - das Kalenderjahr gemeint ist. Andernfalls hätte es nahe gelegen, wie z.B. in § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB einfach eine Frist von 15 Monaten ab Entstehung des Anspruchs zu bestimmen, anstatt - wie das Landgericht meint - einen Wortlaut zu wählen, der eine doppelte Fristberechnung erfordert, nämlich zunächst 12 Monate (ein Jahr) ab Entstehung des Anspruchs und sodann noch weitere drei Monate. Die einheitliche Frist für das Erlöschen der Ansprüche mit dem 31. März des jeweils der Entstehung des Anspruchs folgenden Jahres entspricht zudem der Rechtssicherheit und der Praktikabilität, da so bis zu einem zeitnahen, einheitlichen Stichtag sämtliche Verfahren, in denen die Aufwandspauschale geltend gemacht werden kann, abzuschließen sind. Zwar gilt bei dieser Auslegung in den einzelnen Fällen abhängig vom Tag der Betreuerbestellung eine jeweils unterschiedlich lange Frist, innerhalb der der Betreuer die Pauschale geltend zu machen hat. Die Frist ist aber in jedem Fall ausreichend, denn die Entscheidung des Betreuers zwischen der konkreten und der pauschalen Aufwandsentschädigung hängt von der Höhe der im jeweiligen Jahr entstehenden Kosten ab und kann deshalb regelmäßig bereits innerhalb des laufenden Kalenderjahres gefällt werden. Diese Auslegung entspricht überdies den Vorstellungen des Gesetzgebers. Aus dem Regierungsentwurf zum BtÄndG (Bundestagsdrucksache 13/7158, S. 24) ergibt sich eindeutig, dass die Dreimonatsfrist des § 1835 a Abs. 4 BGB nicht mit dem Ende des Betreuungsjahres, sondern mit dem Jahreswechsel beginnen soll.

Eine Harmonisierung der Dauer der Frist des § 1835 a Abs. 4 BGB mit der des § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB, die das Landgericht als weiteres Argument für seine entgegenstehende Meinung anführt, erscheint nicht geboten, weil beide Fristen auch im Übrigen verschieden ausgestaltet sind - im Gegensatz zu der Frist nach § 1835 a Abs. 4 BGB kann die des § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB vom Vormundschaftsgericht abweichend festgesetzt werden - .

Im vorliegenden Fall ist daher der Anspruch auf die pauschale Aufwandsentschädigung für die Zeit bis einschließlich 27. Oktober 2000 bereits mit Ablauf des 31. März 2001 erloschen. Dem gemäß hat das Amtsgericht den erst nach Ablauf dieser Frist gestellten Antrag des Beschwerdeführers zu Recht zurückgewiesen, soweit er die Entschädigung für das am 27. Oktober 2000 ablaufende Betreuungsjahr begehrt hat. Folglich ist auf das weitere Rechtsmittel des Vertreters der Landeskasse die Erstbeschwerde insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO, 13 a Abs. 1 FGG.

Ende der Entscheidung

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